Mittwoch, 25. April 2007

Kulturrelativismus in der Rechtsprechung?

Gestern wurde in der ARD-Sendung „Menschen bei Maischberger“ ein interessanter Rechts-Fall diskutiert. Die Sendung trug den Titel „Rätsel Justiz: Zu viel Gnade für Täter?“

Einer der Beispiel-Fälle war die Scheidungssache von Chahrazad K., einer Deutschen marokkanischer Herkunft. Sie war von ihrem Ehemann mehrfach geschlagen worden. Daher hatte sie die vorzeitige Auflösung der Ehe, vor Ablauf des Trennungsjahres, beantragt. Die zuständige Familienrichterin am Amtsgericht Frankfurt lehnte die vorzeitige Scheidung mit der Begründung ab, der Koran erlaube die Bestrafung einer Ehefrau. Da beide Eheleute aus dem marokkanischen Kulturkreis stammen, wo nach Meinung der Richterin Misshandlungen „nicht unüblich“ seien, weil es das Züchtigungsrecht gebe, sah sie keine unzumutbare Härte gegeben. Die Richterin verwies in ihrer Begründung auf Sure vier des Korans, die den Titel „An-Nisa“, „Die Frauen“, trägt. In Vers 34 heißt es dort: „Die Männer stehen über den Frauen. Und wenn ihr fürchtet, dass Frauen sich auflehnen, dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie!“

Mittlerweile ist die Richterin wegen Befangenheit von diesem Fall abgezogen worden. Sie selbst äußerte Bedauern für ihren Fehler. Es gab von allen Seiten Kritik an der Begründung des Urteils. Das deutsche Recht verbietet jede Form von Gewalt in Familien.

Trotzdem erschrickt mich diese Urteilsbegründung. Sie deutet an, dass Menschen (und auch Verantwortungsträger) vermehrt bereit sind, „Political correctness“ über die Grundrechte zu stellen. Auf diese Weise wird eine mehrgleisige Gesellschaft geschaffen. Wenn die Entwicklung so weiter geht, führt das irgendwann dahin, dass deutsches Recht nur noch für gewisse Bevölkerungsteile gilt, während z. B. muslimische Einwohner nach der Scharia Recht gesprochen bekommen. Dies ist eine fatale Entwicklung. Ein Kommentator zum WELT-Artikel zu diesem Thema meint denn auch ganz richtig: „Schön, dass die Richterin uns allen die Augen dafür geöffnet hat, wie stark sich kulturrelativistische Positionen im Zentrum dieser Gesellschaft festgesetzt haben. Das muss ganz schnell anders werden, bevor in den Schulen alle Mädchen Kopftuch tragen müssen....“